Hämatoonkologische Erkrankungen

Das Portfolio von Lipomed umfasst sowohl Originalpräparate als auch Hybridpräparate oder Generika mit bekannten Wirkstoffen, welche gegen verschiedene Blutkrebserkrankungen wie Leukämie, Lymphome oder das Multiple Myelom wirken.

Haarzellleukämie

Haarzellleukämie (HCL) ist eine sehr seltene, indolente, chronische lymphoproliferative B-Zell-Erkrankung mit Beteiligung von Knochenmark und Milz. Die Erkrankung macht etwa 2 % aller lymphoiden Leukämien bei Erwachsenen aus1. Überwiegend sind Männer mittleren Alters betroffen. Bei der Diagnose weisen Patienten mit HCL in der Regel eine Milzvergrösserung, Panzytopenie und zirkulierende bösartige B-Zellen mit haarähnlichen zytoplasmatischen Fortsätzen auf 2, 3, 4.

Obwohl die Mehrheit der Patienten mit klassischer HCL-c eine Behandlung benötigt, ist bei einer kleinen Anzahl (etwa 10 %) keine sofortige Therapie erforderlich und sie können engmaschig beobachtet werden, bis eine Therapie erforderlich ist. Therapie der ersten Wahl sind Purinnukleosidanaloga (PNAs), welche hohe objektive Gesamtansprechraten mit vorwiegend kompletten Remissionen bei der HCL-c erreichen. Mit einem medianen krankheitsfreien Überleben (DFS) von 16 Jahren kann eine normale Lebenserwartung erreicht werden, und HCL-bedingte Todesfälle sind selten. Die minimale Resterkrankung (MRD) ist ausschlaggebend für die Dauer und die Qualität des Ansprechens und wird durch zusätzliche Untersuchungen von Knochenmarksproben nachgewiesen. Der Einsatz von immuntherapeutischen monoklonalen Antikörpern (mAb) in Kombination mit einer PNA zeigt vielversprechende Ergebnisse bei MRD-positiven Fällen 1

In jüngerer Zeit haben molekulare Analysen und genomische Untersuchungen die Charakterisierung von HCL-Subtypen ermöglicht: Die klassische Form von HCL (HCL-c) wird von der viel selteneren Variante der Krankheit, der sogenannten HCL-Variante (HCL-v), gemäss der aktuellen 5. World Health Organization (WHO) Klassifikation der hämatolymphoiden Tumore (WHO-HAEM5) auch splenisches B-Zell-Lymphom mit prominenten Nukleoli (SBLPN, splenic B-cell lymphoma with prominent nucleoli) genannt, unterschieden. Die Identifizierung der BRAF-V600E-Mutation bei fast 100 % der HCL-c Patienten bewirkte die Aufnahme von BRAF-Inhibitoren in das therapeutische Arsenal zur Behandlung von HCL 5.

Bei HCL-v fehlt in der Regel die BRAF-V600E-Mutation und bestätigt die klinische Beobachtung, dass HCL-v einen anderen klinischen Verlauf nimmt und eine andere Behandlung erfordert 5. Die Kombinationstherapie von PNA mit mAb führt bei der Mehrzahl der Patienten mit HCL-v zu einem klinischen MRD-freien Ansprechen 6.

    1. Maevis V, Mey U, Schmidt-Wolf G, Schmidt-Wolf IG. Hairy cell leukemia: short review, today's recommendations and outlook. Blood Cancer J. 2014;4:e184. 
    2. Salam L, Abdel-Wahab O. Hairy cell leukemia: update and current therapeutic approach. Curr. Opin. Hematol. 2015;22(4):355-61
    3. Getta BM, Park JH, Tallman MS. Hairy cell leukemia: Past, present and future. Best Pract. Res. Clin. Haematol. 2015;28(4):269-72.
    4. Andritsos LA, Grever MR. Historical overview of hairy cell leukemia. Best Pract. Res. Clin. Haematol. 2015;28(4):166-74.
    5. Grever MR, Abdel-Wahab O, Andritsos LA, Banerji V, Barrientos J, Blachly JS, et al. Consensus guidelines for the diagnosis and management of patients with classic hairy cell leukemia. Blood. 2017;129(5):553-60.
    6. Kreitman RJ, Wilson W, Calvo KR, Arons E, Roth L, Sapolsky J, et al. Cladribine with immediate rituximab for the treatment of patients with variant hairy cell leukemia. Clin. Cancer. Res. 2013;19(24):6873-81.

Indolente Lymphome

Zu den indolenten hämatologischen Erkrankungen gehören niedriggradige lymphoproliferative Erkrankungen wie das follikuläre Non-Hodgkin Lymphom, die chronische lymphatische Leukämie und das lymphoplasmazytische Lymphom (Waldenström’s Makroglobulinämie) 1,2. Bei diesen indolenten Erkrankungen handelt es sich um langsam wachsende Krebsarten, die häufig mit geringer Symptomatik einhergehen und initial keine Behandlung erfordern 2. Mit der Zeit können symptomatische Adenopathie, Organinfiltration und Knochenmarkbefall eine Behandlung erforderlich machen. Das primäre Ziel der Therapie ist die Verringerung krankheitsbedingter Symptome (z. B. Fieber, Nachtschweiss) und die Verringerung der Tumorlast, um Panzytopenie und Schmerzen zu lindern 3

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Behandlung indolenter Lymphome erheblich weiterentwickelt, und es gibt jetzt viel mehr Behandlungsmöglichkeiten, einschliesslich chemotherapiefreier Kombinationen, neuer molekularer zielgerichteter Wirkstoffe und chimärer Antigenrezeptor (CAR)-T-Zelltherapie 2. Die Behandlung indolenter Lymphome ist jedoch nicht kurativ, und die Patienten entwickeln häufig eine rezidivierende oder refraktäre Erkrankung, was zu einer erheblichen Morbidität und Mortalität führt 2. Purinanaloga, einschliesslich Cladribin, werden heute als letzter Ausweg oder als Teil neuer therapeutischer Kombinationsansätze bei refraktären niedriggradigen lymphoproliferativen Erkrankungen eingesetzt 4-6.

    1. Chihara D, Nastoupil LJ, Williams JN, Lee P, Koff JL, Flowers CR. New insights into the epidemiology of non-Hodgkin lymphoma and implications for therapy. Expert Rev Anticancer Ther. 2015;15(5):531-44.
    2. Jeong SH. Treatment of indolent lymphoma. Blood Res 2022;57:S120-S129.
    3. Medscape - Non-Hodgkin Lymphoma Guidelines - Classification, updated March 2022. Online available at: https://emedicine.medscape.com/article/2500022-overview.
    4. Puvvada SD, Guillen-Rodriguez J, Kumar A, et al. Phase 2 Open-Label Study of Bortezomib, Cladribine, and Rituximab in Advanced, Newly Diagnosed, and Relapsed/Refractory Mantle-Cell and Indolent Lymphomas. Clin Lymphoma Myeloma Leuk. 2018;18(1):58-64.
    5. Spurgeon SE, Sharma K, Claxton DF, et al. Phase 1-2 study of vorinostat (SAHA), cladribine and rituximab (SCR) in relapsed B-cell non-Hodgkin lymphoma and previously untreated mantle cell lymphoma. Br J Haematol. 2019;186(6):845-54.
    6. Ji J, Liu Z, Kuang P, et al. A new conditioning regimen with chidamide, cladribine, gemcitabine and busulfan significantly improve the outcome of high-risk or relapsed/refractory non-Hodgkin's lymphomas. Int J Cancer. 2021;149(12):2075-82.
       

Akute lymphoblastische Leukämie (ALL)

Die akute lymphatische Leukämie (ALL) ist eine heterogene hämatologische Erkrankung, die durch eine rasche Vermehrung unreifer lymphatischer Zellen, so genannter Lymphoblasten, im Knochenmark, im peripheren Blut und in anderen Organen gekennzeichnet ist und eine sofortige Therapie erfordert 1. Sowohl Erwachsene als auch Kinder können betroffen sein, wobei die pädiatrische Population bis zu 80 % der Fälle ausmacht 1. Obwohl die Krankheit selten ist, ist die ALL die häufigste Krebsart, die bei Kindern diagnostiziert wird, wobei das Durchschnittsalter bei der Diagnose 15 Jahre beträgt 2

Die Behandlung hängt von der Art der Leukämie ab (B- oder T-Lymphozyten-Varianten, Vorhandensein oder Fehlen des Philadelphia-Chromosoms (Ph-Chromosom), Alter und Risikogruppe) und umfasst komplexe Chemotherapieschemata mit oder ohne orale Tyrosinkinasehemmer 1. Das Gesamtergebnis hängt vom Ansprechen des Patienten auf die Induktionstherapie sowie vom Vorhandensein oder Fehlen einer minimalen Resterkrankung (MRD) ab, die weitere Therapien (Konsolidierungs- und Erhaltungschemotherapie einschließlich 6-Mercaptopurin/Methotrexat) und als kurativen Ansatz eine allogene Knochenmarktransplantation erforderlich macht 1,3.
 

    1. Chennamadhavuni A, Lyengar V, Mukkamalla SKR, et al. Leukemia. [Updated 2023 Jan 17]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing 2024. Online available at: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK560490/
    2. Ekpa QL, Akahara PC, Anderson AM, et al. A Review of Acute Lymphocytic Leukemia (ALL) in the Pediatric Population: Evaluating Current Trends and Changes in Guidelines in the Past Decade. Cureus 2023;15(12): e49930.
    3. Toksvang LN, Als-Nielsen B, Bacon C, Bertasiute R, Duarte X, Escherich G, et al. Thiopurine Enhanced ALL Maintenance (TEAM): study protocol for a randomized study to evaluate the improvement in disease-free survival by adding very low dose 6-thioguanine to 6-mercaptopurine/methotrexate-based maintenance therapy in pediatric and adult patients (0–45 years) with newly diagnosed B-cell precursor or T-cell acute lymphoblastic leukemia treated according to the intermediate risk-high group of the ALLTogether1 protocol. BMC Cancer 2022;22(1):1–19.

Morbus Hodgkin

Der Morbus Hodgkin ist ein B-Zell-Lymphom (Hodgkin-Lymphom; HL), das durch wenige bösartige Zellen und zahlreiche Immuneffektorzellen in der Mikroumgebung des Tumors gekennzeichnet ist 1. Die Inzidenz des HL ist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen am höchsten 1

Im Allgemeinen gilt es als eine weitgehend heilbare Erkrankung, die mit einer Erstlinien-Mehrfachchemotherapie mit oder ohne zusätzliche Strahlentherapie behandelt werden kann 2. Die gängigste Kombination zur Behandlung des HL ist das ABVD-Schema, welches Doxorubicin, Bleomycin, Vinblastin und Dacarbazin umfasst 2. Eine rezidivierende oder refraktäre Erkrankung kann mit einer hochdosierten Chemotherapie, gefolgt von einer autologen hämatopoetischen Stammzelltransplantation, wirksam behandelt oder geheilt werden 2. In jüngerer Zeit haben prospektive Studien die Wirksamkeit neuartiger Wirkstoffe in Kombination mit herkömmlichen Chemotherapieschemata gezeigt, wie etwa immuntherapeutische Ansätze mit Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten oder Immun-Checkpoint-Inhibitoren 2-4. Die chimäre Antigenrezeptor (CAR)-T-Zelltherapie ist eine aufkommende Therapieoption für Hochrisiko- und rezidivierte/refraktäre HL 5.

    1. Connors JM, Cozen W, Steidl C, Carbone A, Hoppe RT, Flechtner HH, Bartlett NL. Hodgkin lymphoma. Nat Rev Dis Primers. 2020;6(1):61.
    2. Ullah F, Dima D, Omar N, Ogbue O and Ahmed S. Advances in the treatment of Hodgkin lymphoma: Current and future approaches. Front Oncol 2023;13:1067289.
    3. Straus, DJ, Dlugosz-Danecka M, Connors JM, Alekseev S, Illes A, Picardi M ,et al. Brentuximab vedotin with chemotherapy for stage III or IV classical Hodgkin lymphoma (ECHELON-1): 5-year update of an international, open-label, randomised, phase 3 trial. Lancet Haematol 2021;8(6):e410-e421.
    4. Lin AY, Schnitter JM, and Gordon LI. Immune Checkpoint Blockade for the Treatment of Hodgkin Lymphoma. Immunotargets Ther 2022;11:1-10.
    5. Katsin M, Dormeshkin D, Meleshko A, Migas A, Dubovik S, Konoplya N. CAR-T Cell Therapy for Classical Hodgkin Lymphoma. Hemasphere. 2023 Nov 16;7(12):e971.

       

Multiples Myelom

Das Multiple Myelom (MM) ist eine maligne Erkrankung der Plasmazellen, die durch die Produktion monoklonaler Proteine, Anämie und einen gestörten Knochenumbau mit lytischer Knochenerkrankung gekennzeichnet ist 1. Das MM ist die zweithäufigste hämatologische Malignität, von der etwas mehr Männer als Frauen hauptsächlich fortgeschrittenen Alters betroffen sind 2-4. In den letzten zwei Jahrzehnten haben sich die Behandlungsergebnisse für Patienten mit MM dramatisch verbessert, und viele Patienten leben seit mehr als 10 Jahren mit ihrer Krankheit 1. Die Entwicklung immunmodulatorischer Medikamente, so genannter IMiDs, wie auch von Proteasom-Inhibitoren und der zunehmende Einsatz der autologen Stammzelltransplantation (ASCT) haben wesentlich zu dieser verbesserten Prognose beigetragen 1,3

Thalidomid war der erste immunmodulatorische Wirkstoff seiner Klasse in der Behandlung von MM 5. Heute werden Immunmodulatoren als Basis in Kombination mit neuen Medikamenten in der Induktionstherapie sowohl bei transplantationsfähigen als auch bei nicht transplantierbaren Myelompatienten, in der Erhaltungstherapie nach der Transplantation und bei Patienten mit rezidivierenden/refraktären Myelom-Erkrankungen eingesetzt 1,4. Immuntherapiestrategien, die auf das B-Zell-Reifungsantigen (B cell maturation antigen; BCMA) oder andere Antigene auf der Oberfläche von Myelomzellen abzielen, einschliesslich bispezifischer T-Zell-Engager (BiTEs) und chimärer Antigenrezeptor (CAR)-T-Zellen, ergänzen erfolgreich die Behandlungsmöglichkeiten bei MM 4,6.
 

    1. Holstein SA, McCarthy PL. Immunomodulatory drugs in multiple myeloma: Mechanisms of action and clinical experience. Drugs 2017;77:505-520.
    2. Smith CJ, Ambs S, Landgren O. Biological determinants of health disparities in multiple myeloma. Blood Cancer J 2018;8:85.
    3. Mina R, Bringhen S, Wildes TM, Zweegman S, Rosko AE. Approach to the older adult with multiple myeloma. Am Soc Clin Oncol Educ Book 2019;39:500-518.
    4. Dimopoulos MA, Moreau P, Terpos E, et al. Multiple myeloma: EHA-ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up†. Annals of Oncology 2021;32( 3):309 – 322
    5. Morgan GJ, Davies FE. Role of thalidomide in the treatment of patients with multiple myeloma. Crit Rev Oncol Hematol 2013;88(Suppl. 1):S14-22.
    6. Sheykhhasan M, Ahmadieh-Yazdi A, Vicidomini R, et al. CAR T therapies in multiple myeloma: unleashing the future. Cancer Gene Ther 2024;31(5):667-686.